Erweiterte Mediationsmöglichkeiten beim EUIPO – Effiziente und vertrauliche Streitbeilegung für Marken- und Designverfahren
Seit dem 2. Juni 2025 bietet das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine umfassende Erweiterung seiner Mediationsdienste an und seit dem 14. Juli 2025 sind die "Rules on Mediation" in Kraft getreten. Ab diesem Zeitpunkt können Parteien in sämtlichen streitigen Verfahren zu Unionsmarken und eingetragenen Unionsgeschmacksmustern – unabhängig davon, ob es sich um erstinstanzliche oder Beschwerdeverfahren handelt – eine Mediation beantragen. Dies betrifft insbesondere Widerspruchs-, Nichtigkeits- und Löschungsverfahren und stellt einen bedeutenden Schritt zur Förderung einvernehmlicher und effizienter Konfliktlösungen im Bereich des geistigen Eigentums dar.
Was ist Mediation beim EUIPO?
Mediation ist ein freiwilliges, vertrauliches Verfahren, bei dem ein neutraler Dritter – der Mediator – die Parteien unterstützt, eine einvernehmliche Lösung des Konflikts zu finden. Im Gegensatz zu gerichtlichen oder klassischen Verwaltungsverfahren behalten die Parteien die Kontrolle über das Ergebnis und können gemeinsam kreative, auf ihre Geschäftsinteressen zugeschnittene Lösungen erarbeiten. Die Mediation kann online, am Sitz des EUIPO in Alicante oder im Brüsseler Verbindungsbüro stattfinden und ist gebührenfrei, sofern sie über das EUIPO-Mediationszentrum erfolgt.
Voraussetzungen und Ablauf der Mediation
Eine Mediation ist möglich, wenn ein Inter-partes-Verfahren (z. B. Widerspruch, Nichtigkeit, Löschung) anhängig ist, beide Parteien zustimmen und der kontradiktorische Teil des Verfahrens begonnen hat (z. B. nach Ablauf der Cooling-off-Phase). Die Einleitung erfolgt durch einen schriftlichen Antrag einer Partei oder auf Vorschlag des EUIPO. Nach Zustimmung beider Parteien wird das laufende Verfahren für die Dauer der Mediation ausgesetzt. Die Parteien wählen gemeinsam einen Mediator aus einer offiziellen Liste aus, wobei das Mediation Centre Empfehlungen hinsichtlich Sprachkenntnissen, Fachkompetenz und Verfügbarkeit geben kann. Die Mediation wird über eine gesicherte Plattform des EUIPO abgewickelt. Es gibt klare Fristen und strukturierte Abläufe. Nach Unterzeichnung einer Mediationsvereinbarung beginnt das eigentliche Verfahren, das sowohl gemeinsame Sitzungen als auch Einzelgespräche mit dem Mediator umfassen kann. Alle Informationen bleiben vertraulich, sofern keine ausdrückliche Zustimmung zur Weitergabe vorliegt. Das Verfahren endet mit einer einvernehmlichen, von beiden Parteien unterzeichneten Vereinbarung. Kommt keine Einigung zustande, wird das ursprüngliche Verfahren fortgesetzt.
Vorteile der Mediation für Unternehmen
Die Mediation beim EUIPO bietet zahlreiche strategische und wirtschaftliche Vorteile:
- Vertraulichkeit: Alle Inhalte und Ergebnisse bleiben unter Verschluss – ideal bei sensiblen Geschäftsgeheimnissen oder Fragen der Reputation.
- Freiwilligkeit: Die Mediation ist freiwillig und kann jederzeit beendet werden
- Zeit- und Kostenersparnis: Mediationen verlaufen in der Regel deutlich schneller und kostengünstiger als langwierige Gerichts- oder Verwaltungsverfahren.
- Flexibilität: Auch parallele Streitigkeiten, etwa zu Domains, Patenten oder Urheberrechten, können einbezogen werden. Die Parteien können über den eigentlichen Streitgegenstand hinausgehende Aspekte einbeziehen und maßgeschneiderte Lösungen finden.
- Wahrung der Geschäftsbeziehungen: Die kooperative Atmosphäre fördert nachhaltige Lösungen und erhält die Basis für eine fortgesetzte Zusammenarbeit.
- Hohe Erfolgsquote: Die Erfahrung zeigt, dass viele Mediationen zu tragfähigen Einigungen führen.
Grenzen der Mediation
Trotz der vielen Vorteile ist Mediation nicht in jedem Fall die beste Option:
- Keine bindende Entscheidung: Kommt keine Einigung zustande, wird das ursprüngliche Verfahren fortgesetzt.
- Abhängigkeit von der Kooperationsbereitschaft: Beide Parteien müssen ernsthaft an einer Lösung interessiert sein.
- Nicht immer sinnvoll bei grundlegenden Rechtsfragen: Insbesondere wenn Präzedenzwirkung gewünscht ist, kann ein gerichtliches Verfahren vorzuziehen sein.
Fazit: Moderne und nachhaltige Konfliktlösung
Mit der Ausweitung der Mediationsdienste auf alle streitigen Verfahren vor dem EUIPO steht Unternehmen und Rechteinhabern ein modernes, effizientes und nutzerfreundliches Instrument zur Verfügung, um Konflikte im Bereich des geistigen Eigentums außergerichtlich, vertraulich und nachhaltig zu lösen. Besonders für international tätige Unternehmen mit komplexen IP-Portfolios ist die Mediation eine attraktive Alternative zum klassischen Streitverfahren. Unsere Mandanten sollten in Erwägung ziehen, Mediationsverfahren zu nutzen, um Markenstreitigkeiten auf kosteneffiziente Weise beizulegen. Es ist ratsam, Mediation bereits frühzeitig bei zukünftigen Streitigkeiten in Betracht zu ziehen, um Zeit, Kosten und Ressourcen zu sparen und Geschäftsbeziehungen zu erhalten.