novembre 13 2025

BGH zur Wirecard-Insolvenz: Aktionärsansprüche sind keine einfachen Insolvenzforderungen

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Der Bundesgerichtshof (Pressemitteilung vom 13.11.2025) stellt in seinem heutigen Urteil klar: Kapitalmarktrechtliche Schadensersatzansprüche von Aktionären – etwa wegen irreführender Ad-hoc-Mitteilungen oder Täuschungen über die wirtschaftliche Lage – werden in der Insolvenz der Gesellschaft nicht wie „einfache“ Forderungen behandelt. Sie treten im Rang hinter den gewöhnlichen Insolvenzgläubigern zurück.

Was bedeutet das? 

Einfache Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) sind typische Gläubigeransprüche gegen die Gesellschaft, die gleichmäßig aus der Insolvenzmasse (mit der sog. Insolvenzquote) bedient werden. Aktionärsansprüche wegen eines täuschungsbedingten Aktienerwerbs sind nach Ansicht des BGHs demgegenüber eng mit der Stellung als Anteilseigner verknüpft. Wirtschaftlich geht es daher um den Ausgleich einer fehlgeschlagenen Investition in die Gesellschaft selbst, weshalb die Ansprüche jedenfalls gegenüber einfachen Insolvenzforderungen nachrangig seien. Aktionäre können nach diesem Urteil mit kapitalmarktrechtlichen Schadensersatz-Ansprüchen regelmäßig nicht neben Lieferanten, Anleihegläubigern oder anderen Fremdgläubigern an der Verteilung der Insolvenzmasse teilnehmen; eine Befriedigung kommt allenfalls bei einem verbleibenden Überschuss in Betracht, wobei weiterhin offen ist, ob dies in der Konsequenz dazu führt, dass Aktionäre in diesen Fällen erst aus einem Überschuss nach Schlussverteilung (§ 199 Satz 2 InsO) oder – im Rang noch vorher – als nachrangige Insolvenzforderungen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO analog) zu bedienen sind. Der BGH hat damit eine bislang höchstrichterlich nicht entschiedene und in der Literatur kontrovers diskutierte Frage gegen das anderslautende, vorinstanzlichen Urteils des OLG München entschieden. Dieses hatte die streitgegenständlichen Schadensersatzforderungen noch mit durchaus beachtlichen Gründen und unter Verweis auf frühere BGH-Rechtsprechung als Insolvenzforderungen gesehen. Die Aktionäre hätten, so der BGH, die mit ihrer Stellung verbundenen Risiken zu tragen. Aus Sicht der Fremdgläubiger und sonstigen Insolvenzgläubiger hingegen ist diese Entscheidung jedenfalls zu begrüßen, führt sie doch dazu, dass es zu keiner Verwässerung der Quote durch milliardenschwere Aktionärsschadensersatzansprüche kommt. Im Wirecard-Verfahren (Masse ca. 650 Mio. Euro, angemeldete Forderungen ca. 15,4 Mrd. Euro) stärkt der BGH damit die Rangordnung zugunsten der Fremdgläubiger und schafft Rechtssicherheit für die Einordnung kapitalmarktrechtlicher Ansprüche im Insolvenzverfahren.

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